Autor: Melosyne (Seite 2 von 3)
Zu Hause an meinem Euterpe-Flügel aufgenommen. Vielleicht kann ich diese CD irgendwann in einem Aufnahme-Studio realisieren.
Am 03.10.19 im K Theater AAchen: https://www.theaterk.com/events/von-korpern-und-klavieren
Eine Melange aus Lyrik und Klang, mit Minimal Music, Improvisation, Gershwin, aber auch klassisch Chopin und Debussy.
Vielen lieben Dank an den Dichter Harald Kappel für diese schöne Gelegenheit, gemeinsam die Grenzen und Berührungspunkte von Sprache und Musik auszuloten!




Fotos: Björn Eickenberg (links), Paula Órdenes (rechts)

Nachdem die Website schon seit einiger Zeit unter dieser Domain online steht, wollte ich jetzt endlich ein paar Zeilen dazu schreiben. Für mich ist Klavierspielen wie Meditation, wie ein spirituelles Sich-Versenken in das Intuitive, Vorbewusste, ein Eins-Werden mit den Gründen der Existenz, aus der die Musik hervortritt in ihrem eigenen Wesen. Versuche einer Definition:
Piano-Zen ist:
- Persönliches Wachstum durch Hingabe an die Musik
- Heraustreten aus der eigenen Zeit und der Zeit der Welt und Eintreten in den Rhythmus, die Zeit der Musik
- Der Versuch, den eigenen inneren Monolog mit all seinen Sorgen und Ängsten auszuschalten und stattdessen einzutauchen in das Fühlen der Musik
- Die harmonische Angleichung des Bewussten mit dem Unbewussten (Suzuki)
- Unermüdliches Üben
Für alle, die sich für die Theorie hinter diesen Gedanken interessieren kann ich Herrigel: “Zen in der Kunst des Bogenschießens”, sowie Suzuki’s “Essays on Zen-Buddhism” und “Dropping Ashes on the Buddha – The Teachings of Zen Master Seung Sahn” ans Herz legen.
Während der Lektüre wird schnell klar, dass es auf theoretisches Wissen beim Zen nicht ankommt, oder nur, um es zu überwinden. Es braucht viel Übung, und ich erhebe keinen Anspruch auf Meisterschaft, sondern möchte nur weitergeben, was ich an Bereicherung aus diesem Weg erfahren habe.

Nach den vielen Bildern einmal ein kurzer Text von mir, den ich als Einführung für mein letztes Konzert geschrieben habe. Er enthält philosophische Gedanken über die Besonderheiten von Musik. Da ich auch Philosophie studiert habe ist mir diese Form der Vermittlung ein Anliegen, auch wenn ich derzeit mehr praktisch als theoretisch arbeite.
Worte sind ist mächtig, aber nur so mächtig wie die Gefühle, die wir mit ihnen verbinden. Die Grenzen unserer Sprache sind eben nicht die Grenzen unserer Welt – wie der frühe Wittgenstein in seinem berühmten “Tractatus Logicus-Philosophicus” behauptete – , oder nur, wenn man sie losgelöst von jeglichem Inhalt (Referenz) betrachtet. Wer sich jenseits ihrer Grenzen begibt mag vielleicht fürchten, in einem undifferenzerten Ozean zu ertrinken, dabei ist er nicht ohne Ordnung. Komponisten aller Epochen haben versucht diese Ordnung einzufangen, dem reinen Empfinden eine Struktur zu geben, die in manchen Aspekten feiner ist als das grobe Netz der Sprache, das wir durch den Ozean des Fühlens ziehen, um ihn zu beherrschen. Wir brauchen natürlich die Sprache, sie schlägt Pfähle in den Ozean und baut über ihm ausgefeilte Gebäude der Abstraktion, die es uns ermöglichen, die Gesetze und Narrative zu entwickeln, die unsere Gesellschaft ausmachen. Genauso wuchs aber die Musik über die Epochen zu einer Kunstform heran, die unseren Gefühle in einzigartiger Art und Weise Ausdruck gibt, und auch große Denker haben ihr schon immer ihren Tribut gezollt, wie der große Universalgelehrte Wilhelm von Humboldt mit diesem wundervollen Zitat:
„Die Musik fängt dort an, wo das Wort aufhört, und wo sie endigt, reicht selbst der Gedanke nicht hin.“
Warum sonst hören wir Musik, wenn wir aufgewühlt sind. Versuchen wir unsere innersten Gedanken eher auch durch Bilder, Gesten oder Poesie darzustellen, die zwar die Sprache nutzt, aber stark assoziativ arbeitet. Trotzdem werden Worte zu häufig missverstanden. Das bekannte Diktum Roland Barthes, nach dem die Intention oder die Gefühle des Autors beim Schreiben eines Textes niemals über das rein abstrakte Schriftbild zum Leser transportiert werden können, der sich aus den auf dem Papier versammelten Zeichen immer eine eigene Interpretation erschließt, der sogenannte “Tod des Autors” belebt zwar einerseits die Debatte und lässt vielschichtige Deutungen zu, andererseits verdammt er Sender und Empfänger einer Nachricht zu Isolation. Und ist nicht das Ziel jeder Kommunikation, verstanden zu werden? Wir haben eine starke Sehnsucht nach einer Einheit im Fühlen (wie sie in Kants Kritik der Urteilskraft als „Gemeinsinn“ untersucht wird), einem „Verschmelzen“ von Bewusstseinsinhalten, doch die Zeit macht uns zu disparaten Wesenheiten. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit allerdings gleichzeitig auf den selben Gegenstand richten, synchronisieren sich die Neuronenmuster in unserem Gehirn, wie z.B. beim Hören von Musik. Die Musik zwingt uns – anders als die Sprache – ihren eigenen Takt auf, sie ist nicht abstrakt, sondern unmittelbar. Diese Macht, die die Musik hat, ist natürlich auch gefährlich, wird sie doch aus genau diesem Grund häufig zu Indoktrination und Gleichschaltung – höre: Marschmusik – gebraucht. Aber wenn sie nicht faschistisch agiert, keine Befehle erteilt, sondern nur zart darum bittet, in ihre Gefühlswelten einzutauchen, kann sie uns in unserem Verständnis einander näherbringen – sofern wir offen dafür sind.
Man kann sich treiben lassen auf den Wellen, die die Luft des Raumes zum Schwingen bringen. Die komplexen mathematischen Beziehungen der Frequenzen erfahren, die eine Stimmung ausmachen. In die Welt eines Komponisten eintauchen, dessen Empfindungen über die Jahrhunderte hinweg zu neuem Leben erwacht.
Musik kann Sprache bestimmt nicht ersetzen. Aber indem man sich jenseits ihrer Grenzen begiebt erspürt man besser ihre Beschränkungen, und auch ihre mögliche Ergänzung und Erweiterung.